Spieltrieb
2009 kam die japanische Firma Konami mit Love-Plus, einem Computerspiel aus dem Romance Simulation Genre, auf den Markt. Love-Plus unterschied sich von den Vorgängerspielen durch eine andere Zielsetzung. Die Traumfrau zu erobern war nun nicht mehr Ziel sondern lediglich eine Spieletappe.
Die eigentliche Herausforderung bestand ab jetzt darin, mit der Spielfigur
eine stabile Beziehung zu führen.
Die Spielerfinder prägten dafür einen Begriff Augmented Reality – erweiterte Realität.
Fuhr man ehemals noch mit seiner Software - Geliebten in der Hosentasche zu einem Romantikwochenende in den japanischen Badeort Atami, so bieten heute sogenannte Assistenzsysteme Wege aus der Einsamkeit. Computersyteme wie Siri und Alexa, die in Europa als Unterstützung in der häuslichen und beruflichen Umgebung eingesetzt werden, dominieren in Japan als Hologramm in einer Glasbox zahllose japanische Männerhaushalte.
Im Jahr 2018 heiratete der 3500.te Japaner sein Hologramm.
Die japanische Frau hingegen träumt weiterhin von einem Mann aus Fleisch und Blut. Angesichts der Konkurrenz von maßgeschneiderten Hologrammen und lebensechten Sexpuppen wird es zunehmend schwieriger für die unverheiratete Japanerin, einen Partner fürs Leben zu finden.
Diesem Problem hat sich seit einigen Jahren eine Agentur in Kyoto angenommen. Ihr Geschäftsmodell ist die professionelle Organisation einer Heirat – mit sich selbst. Dieser Service, der von der Beratung fürs Hochzeitskleid, über das Makeup, Haarstyling und Fotoshooting bis hin zum Limousinenfahrer reicht, erfreut sich zunehmender Beliebtheit.
Die Kundinnen sind glücklich einmal Braut gewesen zu sein.
Das professionelle Foto ist damit die Trophäe des schönsten Tages ihres Lebens.
23.Juni 2019
Sibylle Hoessler